Nein, die Fintechs können die Banken wohl nicht ganz ersetzen, oder doch? Auch in den Banken tobt darüber der Streit. Während die Commerzbank gestern via Main Incubator mit einem ersten Investment von 15 Mio. Euro in die Fintech-Startup-Finanzierung eingestiegen ist, lässt die Deutsche Bank simultan über Reuters verlauten, dies gehöre nicht zu den Kernaufgaben einer Bank.
Ungewöhnlich bis befremdlich – Banken managen “Risiko”, sie verwalten Kundengelder – und jetzt gehört bei der Deutschen Bank die Finanzierung von Startups nicht zu diesem Aufgabenfeld. Dies sei vielmehr Aufgabe von “Risikokapital” – mehr zu den Motiven aus der Sicht von Deutsche Bank Chef Jürgen Fitschen hier via Nachrichtenagentur Reuters.
Meine erste These gleich vorweg: Die Banken sitzen im Innovationszug in der Finanzbranche bereits auf dem Rücksitz statt am Steuer. Wie aber sollen sie aus dem Dilemma herauskommen. Vielleicht gibt es ja einen “Königsweg”?
Das Phasenmodell zur Innovationsspirale in der Finanzbranche, so wie es Social Banking 2.0 sieht:
Erste Etappe (2007 – 2013): Präsentation und Etablierung der “Fintech-Szene”
Zweite Etappe (2013 – 2020): Professionalisierung der Gestaltungsansätze durch Synergien und neue Kooperationen
Dritte Etappe (2020 ff.): Die Geschäftsmodelle skalieren, die Banken rücken in den Hintergrund gegenüber den großen IT-Playern und versierten Spezialisten
Das Ganze nun etwas ausführlicher: Vom (früheren) bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (CSU) ist der historische Ausspruch übermittelt: Deutschland braucht Bayern, Bayern braucht Deutschland. Diese banale Politikerweisheit aus der Zeit des Kalten Krieges gilt im übertragenen Sinne auch für die Finanzwelt.
Denn Banken brauchen neben qualifiziertem Personal vor allem innovative Technologien, um im Zeitalter der digitalen Agenda auf Augenhöhe mit dem Kunden zu sein.
Und ebenso benötigen die Innovatoren, sprich die aufstrebende Startup-Szene, den Brückenschlag zur etablierten Bankenwelt. Kurz: Die vielen Davids brauchen Goliath genauso wie umgekehrt, um sich für die Zukunft des Bankenzeitalters 2.0 zu rüsten.
Zweifellos verändert die Startup-Kultur durch zahlreiche technologisch-soziale Innovationen das Gesicht unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Zur FinTech (Financial Technologies) zählen dabei Innovationen aus unterschiedlichen Zielgebieten, beispielsweise Mobile-Payment, Crowdlending, Crowdinvesting, Social Trading, Core Banking, Security „in the cloud“ oder Personal Finance Management.
Ob dieser Trend allerdings zu der häufig von Bankenkritikern in Aussicht gestellten „Disintermediation“ im Banking führt, also die Banken in ihrer Rolle als zentrale Finanzintermediäre unter Druck setzt, darüber sind sich die Experten noch uneins.
Darauf kommt es aber letztlich gar nicht an. Denn mittlerweile öffnet sich auch ohne großen gesellschaftlichen Wurf so manch ein erfolgreiches, aber mittlerweile in die Wechseljahre geratenes Großunternehmen für neue Ideen. Zugegeben, nicht immer ganz freiwillig, vor allem um künftig wettbewerbsfähig zu sein und sich parallel dazu neue Marktfelder zu erschließen.
Um die Frage letztlich zu klären, ob die Innovation ohne die Banken stattfindet – und sie vor allem durch IT-Player getrieben wird, empfehle ich einen Blick in meine Bankentrilogie. Sie behandelt die Frage in einer vielschichtigen Art und Weise, sie beleuchtet die neuen Geschäftsmodelle jenseits von Glorifizierung, sie rechtfertigt nicht die alte Bankenlandschaft, zeigt aber auch, dass und wie sie sich ändern muss.
“Die Bank sind wir” – Sachbuch zu den Chancen von Social Banking (Heise Verlag)
Der Hackerroman “Schattenbanken”
Das pointierte Thesenbuch Bank 2.0: Die Killerapp
Zusammengefasst:
Erstens: In der digitalen Agenda der Bankenbranche rücken externe Kooperationen von der Peripherie in den Mittelpunkt der Geschäftsstrategie.
Zweitens: Der Kunde und andere Stakeholder aus der Wertschöpfungskette sitzen mit am Regiepult, vom Produktdesign bis hin zum Design neuer Dienstleistungen.
Drittens: Die zahlreichen Fintech-Startups treiben als Leitsterne die Innovationsdynamik in der Finanzbranche weiter voran.